Digitales Lametta oder echte Strategie
Hamburg ist laut Bitkom aktuell die smarteste Stadt Deutschlands. Doch nicht alle digitalen Aktivitäten zahlen auf dieses Ziel ein. Und der extensive Einsatz von IT-Fachkräften allein reicht für die Finanz- und Versicherungswirtschaft nicht aus – für die gesamte Stadt übrigens auch nicht. Strategien müssen her.
Dieser Artikel ist auch als Gastbeitrag im Jahrbuch des Finanzplatz Hamburg e.V. erschienen.
Digitaler Aktivismus ist keine Lösung
Die eingangsgenannten Projekte werden weder die wesentlichen Probleme der Hansestadt, noch die der Kunden von Insurtechs und der Versicherungsunternehmen am Standort Hamburg lösen. Grundsätzlich hat die Szene gegen derartige Aktivitäten nichts einzuwenden. Doch wer sich auf die Kernprobleme der Versicherungsbranche spezialisiert, kämpft mit zu
hohen Kosten und mangelhafter Bereitstellung der relevanten digitalen Touchpoints. Diese Probleme finden sich vergleichbar in ziemlich allen Branchen und sicher auch bei der Hansestadt selbst.
Um hieran etwas zu ändern, muss man sich in den Maschinenraum begeben. Hier bemüht sich die IT-Abteilung nach Kräften, eine historisch gewachsene Systemlandschaft am Laufen zu halten. Freie Kapazitäten werden durch regulatorische Vorgaben aufgesogen, sodass für eigentlich wünschenswerte Entwicklungsprojekte kaum Ressourcen vorhanden sind. Notgedrungen wird auf externe Firmen zurückgegriffen, um zumindest ein paar Wunschprojekte von Vertrieb und Vorstand umzusetzen. Das geht so weit, dass bei manchen Unternehmen und Institutionen inzwischen ganze IT-Abteilungen aus Externen bestehen, die sich fröhlich gegen- seitig Arbeit verschaffen.
Doch was sind die Alternativen zum Durchwurschteln und Verbreiten operativer Hektik? Ist das volldigitale Beiboot sinnvoll oder muss die Technologiekompetenz im Mutterschiff aufgebaut werden? Überraschenderweise ist das idealtypische Vorgehen in beiden Fällen sehr ähnlich.
Aus der Kundenperspektive denken
Zunächst braucht man ein valides Geschäftsmodell und eine digitale Strategie. Ganz simpel stellt sich die Frage, mit welchem Angebot ein digitaler Ansatz zu betriebswirtschaftlich überlegenen Ergebnissen führt. Beim Versicherungsgeschäft sind Verwaltungs- und Vertriebs- kosten so hoch wie in wenigen anderen Branchen. Fast jeder Produktbereich erlaubt einen disruptiven Ansatz. Daher liegt der Engpass vor allem beim intellektuellen Kapital.
Entgegen der landläufigen Meinung über Start-ups ist Expertenwissen nicht hinderlich, sondern vielmehr die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Digitalisierung. Das Kunststück besteht darin, dieses Wissen vorurteilsfrei und aus der Kundenperspektive anzuwenden. So ist in der produkt- und vertragszentrierten Welt der Versicherer bereits viel gewonnen. Einfachheit und Verständlichkeit sind heute die Kernanforderungen in nahezu allen Lebensbereichen. Das geht auch im Versicherungsbereich, wenn UX/UI-Grundsätze konsequent beachtet wer- den und das Geschäft so verwaltet werden kann, dass alle relevanten Daten jederzeit verfügbar sind.
Auf Partnersuche bei Start-ups
Auf dem Weg zum kundenzentrierten Technologieunternehmen stellt sich unweigerlich die Frage nach den richtigen Partnern. An Agenturen, Unternehmensberatern und Softwareanbietern, die sich Digitalisierung auf die Fahne geschrieben haben, mangelt es nicht. Doch es gibt nur wenige Dienstleister, die Geschäftsmodellverständnis, UX/UI, Internettechnologie und Performance-Marketing aus einer Hand liefern.
Genau dieses Segment wird in Hamburg von einigen Ansatz Agenturen besetzt. So entstehen nahtlose Lösungen von der Kundengewinnung bis zur Schadenabwicklung, die mithilfe des flexiblen Open-Source-Ansatzes ohne Standardsoftware auskommen. Dadurch lassen sich Geschäftsmodelle in wenigen Monaten marktreif umsetzen. Bereits 2020 wurde die Hansestadt von Bitkom mit 79,2 von 100 Punkten wieder mal als smarteste Stadt Deutschlands bewertet. In der Kategorie IT- und Kommunikationsinfrastruktur liegt die Hansestadt im nationalen Vergleich auf Platz drei, hinter München und Köln.
So tragen digitale Technologien besonders in Zeiten der Covid-Pandemie zur Problemlösung, höheren Lebensqualität der Bürger und gesteigerten Zukunfts- sowie Wettbewerbsfähigkeit als auch Nachhaltigkeit bei. Es ist also von zentraler Bedeutung, diese Kompetenzen weiter auszubauen – für Finanz- und Versicherungsunternehmen ebenso wie für die Freie und Hansestadt Hamburg.